Süd-Israel – ein ornithologischer Reisebericht
Vogelbeobachtung war eigentlich nicht die Hauptsache an diesem Urlaub; wir wollten einen Freund besuchen, der uns das Land und besonders die Wüste Negev des südlichen Israels zeigen wollte. Glücklicherweise konnte ich meinen Freund und auch unseren Freund etwas mit dem Beobachtungsfieber anstecken, und so verweilten wir manchmal länger an eigentlich uninteressanten Orten, wenn es genug Vögel zu sehen gab, und ließen uns von der Sonne braten und die Geruchsschleimhäute verätzen, als wir nahe einer Kläranlage nach den Kaptäubchen suchten…
Stationen
- Jerusalem Stadt
- Fahrt in den Süden- zwischen Jerusalem und Eilat
- Eilat und nähere Umgebung
- Timna-Tal
- Wanderung En Akev – Hod Akev – Wadi Zin
- Bergfestung Masada und Totes Meer/Oase En Gedi
- Wanderung im Nationalpark Ovdat
- Tel Aviv Stadt
Arten: Nebelkrähe, Jericho-Nektarvogel, Palmtaube, Felsentaube, Straßentaube
Jerusalem am Ostermontag- da bleibt im Trubel nicht viel Aufmerksamkeit übrig, um Vögel zu beobachten. Lohnend zum Birden (und auch sonst) ist ein Gang über die alte Stadtmauer, auf der man Alt-Jerusalem zum Großteil umrunden kann. Der Blick über die Dächer der extrem ungrünen und dichtbebauten Innenstadt zeigt uns einige Vögel: in einem Busch sehen wir zwei Jericho-Nektarvögel, winzig klein, raketenschnell und im Sonnenlicht in allen Farben schimmernd. Taubenschwärme fliegen über den Dächern und sitzen auf den Türmen der Moscheen und trinken an den Brunnen. Spannend könnte auch ein Besuch des Felsendoms und des Ölbergs sein, dort gibt es einiges an Bäumen und freien Flächen, da hatten wir aber keine Zeit für gefunden.
Fahrt in den Süden- zwischen Jerusalem und Eilat
Arten: Felsenschwalbe/Steinschwalbe, Saharasteinschmätzer, Weißstorch, Tristramstar, Haubenlerche, Schwarzschwanz, Wüstenrabe, Borstenrabe, Maskenwürger, Gelbsteißbülbül, Bienenfresser
Auf der Fahrt von Arad nach Eilat am Roten Meer machten wir den ersten Stopp im Makhtesh Katan (Small Makhtesh), einen der Erosionskrater in Israel. In wüstenhafter Umgebung konnten wir erstmals einige Wüstenvögel sehen: den schwarzweißen Saharasteinschmätzer, Schwarzschwänze und die Schwalben, auf deren Art wir uns trotz Foto noch nicht wirklich einigen konnten- wir freuen uns über Meinungen.
Die einheimischen Rabenarten konnten wir sowohl in der Wüste als auch direkt aus dem Auto während der Fahrt beobachten, sie sind gut unterscheidbar am ihrer Schwanzform, zumindest im Flug. Ein einsamer Weißstorch flog über uns hinweg, das war aber eher ein Zufallstreffer an diesem Tag.
Nächster Birdingstopp war an der Straße in einem ausgetrockneten Wadi, hier wuchsen einige Akazien, solche Baumgruppen scheinen immer Treffpunkt einiger Vögel zu sein. Schwarzschwänze und Haubenlerche trafen wir an.
Aufgrund eines Tipps aus dem Netz besuchten wir vor Eilat die runden Felder von Yotvata an der Straße 90, leider waren sie gerade abgeerntet und vertrocknet. Nördlich der Felder fanden sich ein paar grasige Hänge, Steinhaufen und Gebüsche, in denen wir einen Maskenwürger, Gelbsteißbülbüls und Bienenfresser beobachten konnten.
Arten: Adlerbussard, Bienenfresser, Blesshuhn, Bruchwasserläufer, Dorngrasmücke, Dünnschnabelmöwe, Eisvogel, Flussuferläufer, Gelbsteißbülbül, Glanzkrähe, Graufischer, Graureiher, Halsbandsittich, Klappergrasmücke, Kormoran, Kurzfangsperber, Mäusebussard, Mönchsgrasmücke, Nachtreiher, Palmtaube, Purpurreiher, Rallenreiher, Raubseeschwalbe, Rosaflamingo, Schwarzstorch, Seidenreiher, Sichler, Sperber, Spornkiebitz, Sprosser, Stelzenläufer, Türkentaube, Wespenbussard, Zwergtaucher
Eilat ist DAS Vogelbeobachterparadies in Israel schlechthin. Die Gegend um Eilat ist oder besser war eine Lagunenlandschaft, die einen wertvollen Rastplatz für die Zugvogelschwärme bot, die gerade die Sahara in Afrika oder das Rote Meer überflogen haben. Heute ist ein Großteil der Lagune verschwunden und bebaut. Glücklicherweise sind einige der Lagunenbecken erhalten geblieben. Hier befindet sich das Eilat Bird Sanctuary, ein ausgedehntes Schutzgebiet mit Birding- und Beringungsstation.
Hier waren wir tatsächlich dreimal in drei Tagen: erst abends bei einsetzender Dämmerung, am nächsten Tag für einen vormittäglichen und abendlichen Besuch und am dritten Tag bekamen wir eine Führung von einem netten Mitarbeiter der Vogelstation, nach einem Anruf ließ sich das kurzfristig organisieren.
Alle der oben aufgezählten Arten sahen wir im Schutzgebiet, ausgenommen der Glanzkrähen und der Flamingos.
Im Gebiet gibt es mehrere Wege, denen man folgen kann, an den Brackwasserbecken gibt es reichlich Beobachtungsmöglichkeiten vom Ufer, den Dämmen oder aus Beobachtungshütten, dennoch waren kaum Besucher hier, was uns ziemlich überrascht hatte. Ein Teil des Gebiets ist nicht oder nur für Mitarbeiter zugänglich, hier befinden sich auch Netze, um Vögel für Beringungen zu fangen.
Highlights im Gebiet: überfliegende Braune Sichler, zahlreiche Stelzenläufer, dutzende durchziehende Greifvögel (s.o.) in geringer Beobachtungsdistanz, die von hier zu den Bergen nördlich von Eilat fliegen, um dort die Aufwinde zu nutzen, zahllose Reiher, für mich persönlich der Graufischer und ganz besonders der völlig lautlose Einflug von knapp tausend Kurzfangsperbern im letzten Abendlicht. Auf der Führung gab es einen kurz zuvor ins Netz gegangenen Kurzfangsperber direkt in die Hand, außerdem eine Dorngras- und eine Mönchsgrasmücke. Im Gebüsch machte unser Führer noch einen Sprosser aus, der tatsächlich noch zu singen anfing. Wunderschön fanden wir auch die Spornkiebitze.
Nahe Eilat (Kilometer 20 an der Road 90) befinden sich die North Lagoons. Nahe dem jordanischen Grenzzaun fühlten wir uns etwas beobachtet, aber niemand fragte uns, was wir hier durchs Fernglas beobachten… In den Wasserbecken sahen wir hunderte rastende Flamingos, außerdem Dünnschnabelmöwen, Graureiher, Fluss- und Bruchwasserläufer und Stelzenläufer. In den Gestrüppfeldern nahe der Becken schien ein paar Spornkiebitze zu brüten. In den Feldern, Plantagen und Gewächshäusern zwischen Straße und Becken schien auch einiges rumzufliegen, aber wir waren wieder auf dem Weg nach Norden…
Kurzer Zusatz: ein guter Ort, um Kaptäubchen zu beobachten, wurde uns noch vom Mitarbeiter im Bird Sanctuary beschrieben: zwischen der 90 und der jordanischen Grenze verläuft eine parallele Piste. Wenn man ihr einige Kilometer nach Norden folgt, passiert man einige Plantagen und Kuhställe und kommt zum Becken einer Kläranlage, dort rechts halten. Hier hinten in der Gestrüpplandschaft sollen sich oft Kaptäubchen aufhalten. Bei brütender Hitze, Kläranlagengestank und zwischen tausenden Fliegen von den Ställen halten wir es nicht länger als eine Stunde aus und lassen Kaptäubchen Kaptäubchen sein. Zwischen den hunderten Tauben und Sperlingen war das auch ziemlich schwierig…
Von den Flamingobecken kommt man einfacher hin, ist nur ein Kilometer südlich. Allerdings weiß ich nicht, was passiert, wenn man dort länger am Grenzzaun abseits der Wege rumstreunert.
Timna-Tal
Arten: Steinlerche, Schwarzschwanz, Wüstenrabe, Haussperling, Tristramstar, Schwarzrückensteinschmätzer
Im Timnatal wurde bereits vor 6000 Jahren Kupfer abgebaut. Hier kann man Birden und Kultur verbinden, wenn man breit ist, Eintritt zu bezahlen. Wir fanden den Besuch aber sehr lohnend. Zudem waren besonders die Steinlerchen an Menschen gewöhnt und kamen bis auf einen Meter heran, wenn wir uns ruhig verhielten, auch die Schwarzschwänze waren sehr neugierig und ließen sich mit Brotkrumen anlocken. Außerdem freuten wir uns über unseren ersten Schwarzrückensteinschmätzer. Bei den Schmätzern lohnte es sich immer, genau hinzuschauen, zu verwirrend waren anfangs die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von Kopf-, Rücken- und Bauchfärbung zusammen mit den schwarzen Abschluss an den Schwanzfedern oder nicht… und dann noch Männchen und Weibchen, das führte öfters zu Verwirrung.
Wanderung En Akev – Hod Akev – Wadi Zin
Arten: Gänsegeier, Schmutzgeier, Schwarzschwanz, Steinlerche, Borstenrabe, Schlangenadler, Wüstensteinschmätzer, Steinschwalbe/Felsenschwalbe, Smaragdspint, Graudrossling, Chukarhuhn, Arabisches Wüstenhuhn, Haubenlerche, Jericho-Nektarvogel
Eine gute Tageswanderung führt vom Ort Midreshet Ben Gurion zur Oase Ein Akev, zum Berg Hod Akev und durch den Wadi Zin zurück durch die Steinwüste (ca. 18 km, Details im Reisebericht). Unterwegs wurden wir begleitet von Gänsegeiern und Schmutzgeiern (die wahrscheinlich darauf hofften, dass wir zu wenig Wasser dabei haben), auch einige Borstenraben ließen sich sehen. Mitten in der Wüste entspringt eine Quelle in einem canyonartigen Einschnitt und als einzige Wasserquelle in der Umgebung zieht sie natürlich einiges an Vögeln an.
Schwarzschwanz und Steinlerche sind natürlich hier, ein Schlangenadler zieht über unsere Köpfe, ein Borstenrabe brütet in den Felswänden. Ich vermute, dass hier am frühen Abend und morgens mehr zu sehen ist. Nach einem haarsträubenden Erlebnis auf dem Hod Akev folgen wir dem ausgetrockneten Wadi Zin zum Ausgangspunkt. Hier sehen wir endlich und zum ersten Mal eine größere Gruppe Chukarhühner direkt am Wegesrand in den Büschen stöbern. Trotz der farbenfrohen Männchen sind sie schwer auszumachen und ziemlich heimlich unterwegs. Auf einem Felsen warnt ein Wüstensteinschmätzerpärchen, scheinbar ist ihr Nest in der Nähe.
Besonders beeindruckend war die nächste Begegnung: im Zentrum des Wadis bei den Abbruchkanten und Büschen flitzt eine Gruppe ziemlich hektischer und aktiver Vögel herum: Graudrosslinge! Ihr Verhalten kompensiert das unspektakuläre Äußerliche um ein Vielfaches. Gemeinsam räubert die Gruppe am Boden herum, dreht dicke schwarze Käfer auf den Rücken und pickt sie aus (wir haben einige Chitinhüllen gefunden), späht mit ausgerecktem Hals um und unter Felsen, dreht Steine um und kommen uns unglaublich nahe. So plötzlich, wie sie aufgetaucht sind, ist die Gruppe auch wieder fort. Für mich persönlich war dies eins der absoluten Beobachtungshighlights auf dieser Reise.
Die Smaradgspinte im nächsten Busch sind zwar auch neu auf der Lifelist, aber trotz Farbenpracht weniger im Gedächtnis geblieben.
Bei den Serpentinen nach Midreshet, wo wir geparkt haben, kommt noch eine Überraschung im schwindenden Abendlicht: einige Arabische Wüstenhühner, die zwischen den Felsen dermaßen gut getarnt sind, dass wir sie schier übersehen, während wir eine Haubenlerche beobachten. Selbst auf den Fotos müssen wir immer suchen. Vom Ort aus hat man einen guten Blick über den Wadi Zin und auf die Bergspitze des Hod Akev, Schmutzgeier kreisen im besten Abendlicht über der Wüstenlandschaft.
Bergfestung Masada und Totes Meer/Oase En Gedi
Arten: Tristramstar, Borstenrabe, Wüstenrabe, Glanzkrähe, Braunlist
Wieder eine Möglichkeit, Kultur und Birden zu verbinden, ist ein Besuch der Bergfestung Masada, die über dem Toten Meer trohnt. Durch die zahlreichen Besucher sind die Vögel unglaublich zahm, ich dachte nie, dass ich mal Tristramstare aus der Hand füttern kann… Nach wilden Pickattacken auf meine Finger hatten wir noch das Vergnügen, Borsten- und Wüstenrabe gemeinsam fliegen zu sehen.
Die Oase En Gedi am Toten Meer ist eine wunderbare Erholung vom Hitzeschlag auf Masada, hier brütete am Wasserbecken ein Borstenrabenpaar. Einer der beiden war ziemlich zutraulich und plünderte die Reste von Broten, die eine Schulklasse beim Wasserfall verspeist hatte. Ein kleines Bad gegen die Hitze des Tages war uns sehr willkommen, ein paar Glanzkrähen nutzten die natürlichen Becken zum Trinken. Sobald sich die Oase am Abend von Besuchern leert (ab 17 Uhr gehört sie den Tieren), wagen sich die ersten Säuger hervor, wir sahen Syrische Steinböcke und auch die Klippschliefer turnten durch die Bäume. Ein Braunlist lauerte von einem überhängenden Ast über dem Bach auf Beute. Wenn man den Wanderwegen durch die Schlucht folgt, sieht man sicher einiges mehr, aber vielleicht vorher keinen Sonnenstich holen…
Wanderung im Nationalpark Ovdat
Arten: Jericho-Nektarvogel, Schwarzrückensteinschmätzer, Schwarzschwanz, Haussperling, Teichhuhn, Felsentaube, Dohle, Kuhreiher, Wüstenrabe
Sehr touristisch ist der Avdat Nationalpark, ein Wadi mit besonderen canyonartigen Felsformationen und einer tatsächlich grünen Baumecke mitten in der Negev. Man kann den Canyon Richtung Quelle laufen, an den Rändern finden sich Bäume, Büsche und hohe Felswände. Wir sehen eine unbestimmte Limikole, glänzende Jericho-Nektarvögel in den Büschen, Schwarzschwänze (mit Jungen), extrem „wüstig“ gefärbte Haussperlinge und etwas überraschend dreht ein Teichhuhn seine Runden in einem ruhigen Abschnitt des Wasserlaufs. Aus einer Gruppe Akazien dringt ein tausendstimmiges Gurren, hier scheinen die Felsentauben, die am oberen Ausgang des Wadis in den Felswänden nisten, den Tag zu verbringen. Ich freue mich, die wilden Verwandten unserer Straßentauben in ihrer ursprünglichen Umgebung zu sehen.
Nach dem Aufstieg aus dem Canyon drehen wir noch einen Schlenker durch die Wüste. In einem anderen Wadi brüten Dohlen in der Wand, an der Wand einer uralten Zisterne nisten wieder die nicht näher bestimmten Schwalben.
Auf der Fahrt Richtung Tel Aviv sehen wir noch ein Towuwabohu ein paar hundert Meter von der Straße entfernt nahe einer Beduinensiedlung: Raben, Geier und Reiher kreisen kreischend. Mit einem schon unguten Gefühl im Bauch nähern wir uns und stoßen auf einige aufgeblähte Kuhkadaver, an denen sich die Aasfresser sattfuttern. Der Gestank ist atemberaubend, aber so sehen wir Kuhreiher aus Kühen, wenn auch anders als erwartet.
Arten: Hirtenmaina, Nebelkrähe, Palmtaube, Wiedehopf, Halsbandsittich
In Tel Aviv schlichen wir in einigen dubiosen Parks rum, weil unser Freund gesagt hatte, man könne dort auf Wiedehopfe treffen, aber am ersten Tag fanden wir keinen. Halsbandsittiche, die wir aus Heidelberg kannten, nisten zusammen mit Tauben in den Palmen. Unüberhörbar waren auch die Hirtenmainas, die forsch auf den Wiesen nach Essbarem suchten. An der Strandpromenade waren einige Nebelkrähen unterwegs.
Am letzten Tag hörten wir endlich das Hupen des Wiedehopfes in dem Parkanlagen am Ufer des Yarkon. Ein Pärchen balzte und das Weibchen wurde vom Männchen mit Larven gefüttert. Einmal so perfekt Wiedehopfe zu beobachten, hätte ich mir nie träumen lassen.
In alphabethischer Reihenfolge flogen uns über den Weg:
Adlerbussard Arabisches Wüstenhuhn Bienenfresser Blässhuhn Borstenrabe Braunlist Bruchwasserläufer Chukarhuhn Dohle Dorngrasmücke Dünnschnabelmöwe Eisvogel Felsentaube Flussuferläufer Gänsegeier Gelbsteißbülbül |
Glanzkrähe Graudrossling Graufischer Graureiher Halsbandsittich Haubenlerche Haussperling Hirtenmaina Jericho-Nektarvogel Klappergrasmücke Kormoran Kuhreiher Kurzfangsperber Maskenwürger Mäusebussard Mönchsgrasmücke |
Nachtreiher Nebelkrähe Palmtaube Purpurreiher Rallenreiher Raubseeschwalbe Rosaflamingo Saharasteinschmätzer Schlangenadler Schmutzgeier Schwarzrückensteinschmätzer Schwarzschwanz Schwarzstorch Seidenreiher Sichler Smaragdspint |
Sperber Spornkiebitz Sprosser Steinlerche Steinschwalbe/Felsenschwalbe Stelzenläufer Teichhuhn Tristramstar Türkentaube Weißstorch Wespenbussard Wiedehopf Wüstenrabe Wüstensteinschmätzer Zwergtaucher |