Lofoten 2012

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Die besten Bilder gibts in der Galerie.

Übersicht

  1. Die Reiseroute vom 11. bis 31. Mai 2012
  2. Vorüberlegungen
  3. Anreise
  4. Entlang der Lofoten – von Kabelvåg bis Ramberg
  5. Der Versuch einer Wanderung – von Fredwang zur Selfjordhytta und wieder zurück
  6. Nach Reine – und an den Horseidstranda
  7. Å – Am Ende der Lofoten
  8. Værøy – Inselchen im Sturm
  9. Røst – Lofoten ganz anders
  10. Heimreise – Zurück in die „Zivilisation“
  11. Good to know

Die Reiseroute vom 11. bis 31. Mai 2012

ReiserouteTag 1: Heidelberg → Mannheim → Frankfurt → Oslo → Bodø
Tag 2: Bodø → Svolvær → Kabelvåg
Tag 3: Kabelvåg → Henningsvær → Knutstad
Tag 4: Knutstad → Borge (Wikingermuseum) → Leknes → Ballstad
Tag 5: Ballstad
Tag 6: Ballstad → Ramberg
Tag 7: Ramberg (Nationalfeiertag)
Tag 8: Ramberg → Fredvang → Selfjordhytta
Tag 9: Selfjordhytta → Fredvang
Tag 10: Fredvang → Hamnøy → Reine
Tag 11: Reine → Horseid
Tag 12: Horseid
Tag 13: Horseid → Reine → Moskenes
Tag 14: Moskenes → Å → Moskenes
Tag 15: Moskenes → Værøy → Tussen
Tag 16: Værøy (Nordland)
Tag 17: Værøy → Røst
Tag 18: Røst und Vedøy
Tag 19: Røst
Tag 20: Røst → Bodø
Tag 21: Bodø → Heidelberg

Vorüberlegungen

Im Mai 2012 waren wir auf den Lofoten- mit Zelt und Rucksack. Dazu müssen wir zwei Dinge vorausschicken: Erstens hatten wir folgendes Video gesehen: The Arctic Light von Terje Sørgjerd. Der Autor schreibt, dass das sagenhafte arctic light besonders dann auftritt, wenn die Sonne lange tief über dem Horizont steht. Auch er hat dort im Mai fotografiert und gefilmt. Unser Lofotenbesuch sollte also auch der Jagd nach dem arctic light gewidmet sein! Zweitens hatten wir gelesen, dass die Lofoten zur Hauptsaison, also im Juli und August, sehr stark von Touristen besucht werden und dass es zum Teil sogar zu Wohnmobilstaus im letzten Ort der Lofoten, in Å, kommt. So planten wir, diese Zeit ein wenig zu umgehen und schlappe zwei Monate vor Beginn der Hauptsaison zu fahren. Nach einem Blick auf das Klima und die Durchschnittstemperaturen im Mai (8 bis 16 Grad) waren wir beruhigt; einem Backpackingurlaub sollte trotz dem hohen Breitengrad nichts entgegenstehen. Dass wir damit aber die Rechnung ohne das Wetter in 2012 gemacht hatten, ahnten wir da noch nicht. Aber wir können sagen: gut, dass uns nichts davon abgehalten hat, im Mai zu fahren, das würden wir jederzeit wieder machen. Aber der Reihe nach…

Anreise

Von Heidelberg aus ging es mit S-Bahn und ICE zum Flughafen Frankfurt/Main, von dort zum Flughafen Oslo und von dort zum Flughafen Bodø. Bodø ist mit 36 000 Einwohnern die größte Stadt im Nordland und auf jeden Fall einen Stopp wert. Wir übernachten auf dem Bodøsjoen Camping am Ufer des Saltfjorden, wo wir interessante Bekanntschaften machen (eine Niederländerin, 60, welche von Anfang April bis geplant Mitte Juli allein mit Auto und Zelt ganz Norwegen bereisen möchte). Am nächsten Tag schlendern wir beim auf-die-Fähre-warten durch Bodø. Auffällig: die Kathedrale aus 1956, welche, auch mit einer Vorliebe für Beton-Architektur, sagenhaft grässlich ist sowie ein überdachtes Einkaufszentrum, was bei Wind, Regen und Schneeschauern ein angenehmer Aufenthaltsort ist, um die Zeit bis nachmittags zu überbrücken. Die gut dreistündige Fahrt mit dem Schnellboot von Bodø nach Svolvær entlang der verschneiten Küste ist beeindruckend. Wir fühlen uns wie in der tiefsten Arktis, was auch durch den dichten Schneefall mit riesigen, weichen Flocken, welche waagrecht übers aufgewühlte Meer jagen, verstärkt wird. Als die Berge der Lofoten aus dem Schneegestöber auftauchen, sehen wir – Schnee, Schnee, Schnee. Zumindest das mit den vielen geplanten Gipfelbesteigungen wird so zumindest nichts. Das war bei gut 25°C in Heidelberg so nicht abzusehen…
Da wir in Svolvær den letzten Bus des recht spärlichen Nahverkehrs verpasst haben, laufen wir 8 km entlang der E10 (das ist die Hauptstraße, welche die kompletten Lofoten entlang bis nach Å führt) bis nach Kabelvåg zu einem Zeltplatz, den wir vorher recherchiert hatten. Einige Graupelschauer später stehen wir vor dem verlassenen Platz, bis wir jemanden treffen und die Besitzerin aus der Dusche klingeln können. Der Platz hat eine warme Küche und super Sanitäranlagen. Da macht es auch nichts, dass unser Zelt schon eingeschneit ist, als wir um 1 Uhr schlafen gehen.

Entlang der Lofoten – von Kabelvåg bis Ramberg

Für die nächsten Tage haben wir keinen Plan, wir lassen und treiben – oder besser gesagt fahren. Das Wetter ist weiterhin äußerst kühl und wechselhaft und wir laufen die E10 weiter, es ist Sonntag und kein Bus fährt. Trampen klappt nicht so gut wie in anderen Teilen Norwegens, warum, erfahren wir später: die Bewohner der Lofoten sind ziemlich genervt von den vielen Reisenden, dass sie scheinbar auch außer der Saison nicht gerne welche im Auto mitnehmen. In unserem Fall war es doppelt schlecht: die Autos sind alle voll besetzt mit Menschen im feinsten Zwirn – es ist großes Konfirmationswochenende. Klar, dass niemand vollgeregnete Backpacker mitnimmt! Aber doch: plötzlich bremst ein Auto mit einem Pärchen – die beiden sind schon mehrfach an uns vorbeigefahren und jetzt nehmen sie uns doch mit. Glücklicherweise ist ihr Zwischenziel Hennigsvær, wo sie Bekannte zum Kaffee treffen. Ohne Bus wären wir dort nie vorbeigekommen, aber so haben wir kurz Gelegenheit, das auf zwei Inseln gelegene, ursprünglich anmutende Fischerdorf zu erkunden. Wir sehen unsere ersten Bunads, die traditionelle norwegische Tracht, Stockfischgestelle aus der Nähe und atemberaubende Kletterwände. Unsere Mitfahrgelegenheit nimmt uns mit auf die übernächste Insel Vestervågøy und erzählt viel über die Lofoten und das Leben hier, so dass wir deutlich länger mit ihm fahren, als wir eigentlich wollten.
Die nächste Station ist das Lofotr Vikingmuseum bei der Ausgrabungsstätte Borg. Hier befand sich eine Wikingersiedlung mit über hundert Gehöften, Schiffshallen und einem Langhaus als Häuptlingssitz. Im strömenden Regen kommen wir an, freuen uns, dass geöffnet ist und werden gleich von einem (deutschen) Wikinger in Kluft begrüßt. Das Museum hat eine wunderbare interaktive Austellung und wir bekommen, da wir die ersten Besucher an diesem Tag sind, fast eine Privatführung. Höhepunkt ist das originalgetreu rekonstruierte Langhaus, wo zwei weitere Gewandete uns mit Informationen versorgen. Alles ist unglaublich liebevoll gemacht und mit den ursprünglichen Methoden erschaffen worden.
Die Stadt Leknes, wo wir uns eigentlich länger aufhalten wollten, nutzen wir nur zum Einkaufen (es gibt sogar einen Asiamarkt!), ansonsten sieht sie eher… nicht so schön aus. Da wir beide gesundheitlich etwas angeknackst sind, mieten wir uns in der südlichsten Stadt der Insel, in Ballstad, ein Rorbu. Die gibt es überall auf den Lofoten – ursprünglich Fischerunterkünfte, die oft auf Stelzen direkt am Meer stehen. Es gibt sie in jeder Preisklasse von rustikal mit Gemeinschaftsbädern und –küchen (meist Sjøhus genannt) bis hin zu kleinen Minihäuschen für zwei Personen. Die Gegend ist mit vielen Seen, Bächen und sogar ein paar kleinen Aufforstungsflächen (Bäume sind rar auf den Lofoten) schön zum Wandern. Auf einen kleinen Berg westlich von Ballstad, den wir besteigen wollten, kommen wir einfach nicht rauf, so stark ist der Wind.
Nun wollen wir an den Strand! Mit dem Lofotenexpressbus fahren wir auf die nächste Insel, Flakstadøya, bis Ramberg, an den angeblich „schönsten Strand der Lofoten“. In Regen und bei starkem Wind bauen wir unser Zelt auf, aber der Strand erfüllt alle Erwartungen: weißer Sand, blaue Brandung… und anstelle von Palmen gibt es schneebedeckte Berggipfel. Wir steigen auf den „Hausberg“ von Ramberg und genießen eine Aussicht wie aus dem Flugzeug – so steil ist der Berg, dass man das Gefühl hat, über der Landschaft zu schweben. So einen spektakulären Ausblick haben wir bisher selten erlebt!
Am nächsten Tag mieten wir am Zeltplatz Fahrräder und radeln fleißig 60 km im Umland zusammen. Wir merken: das Rad ist die perfekte Fortbewegungsart hier. Auch, wenn wir 50 % der Strecke bei fiesestem Gegenwind zurücklegen müssen – die anderen 50 % fliegen wir! Zuerst radeln wir am Fjord nach Süden, am nachmittag nocheinmal am Storvatnet vorbei bis fast nach Nusfjord. Schneehasen, welche gerade vom Winter- ins Sommerfell wechseln, hoppeln über die Straßen, wir sehen viele verschiedene Vögel und genießen wunderbare Landschaft. Und es ist Nationalfeiertag, der 17. Mai. Von Flakstad zieht die Festtagsparade nach Ramberg, wo im Gemeindehaus gefeiert wird. Der Anblick ist wunderbar! Etwa 100 Norweger in Trachten, mit Standarten und Kapelle, laufen enthusiastisch jubelnd und winkend die fast zuschauerfreie Landstraße entlang, da ja alle im Umzug mitlaufen… wir jubeln fleißig und winken, trauen uns aber nicht, an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Wahrscheinlich wäre es sehr schön gewesen.

Der Versuch einer Wanderung – von Fredwang zur Selfjordhytta und wieder zurück

Jaja, das Wetter wird wieder schlechter, es liegt viel Schnee, dennoch wollen wir uns an eine Wanderung wagen, die wir vorher ausgeguckt hatten. Von Fredvang zur DNT-Hütte Selfjordhytta, am Ufer des Selfjorden entlang, am Fageråvatnet vorbei und von dort über einen Pass bis zum Horseidstranda – einem Sandstrand im Norden von Mosenesøya, der nur mit dem Boot oder zu Fuß erreichbar ist. Wir laufen von Fredvang am Torsfjoren entlang in Richtung Hütte, und es fängt übelst an zu schütten. Bis wir die Regenklamotten anhaben, sind wir bereits nass, dann stapfen wir im Dauerregen weiter. Wo kommt hier bloß das ganze Wasser her? Etwa drei Kilometer vor der Hütte nähert sich ein Traktor von hinten und stoppt. Der nette Fahrer will uns zur Hütte fahren! Er leert das Regenwasser aus der Frontschaufel, Rucksäcke rein, zu dritt quetschen wir uns in die Fahrerkabine und im Null Komma nix sind wir an der Hütte. Jetzt sind allerdings nicht nur wir, sondern auch die Rucksäcke und Inhalt komplett nass wegen dem gesammelten Wasser in der Schaufel. Der DNT-Schlüssel passt, wir feuern den Ofen an, bis aus 14 Grad 24 geworden sind (das mit der Dosierung müssen wir noch mal üben…), hängen die ganze Hütte mit sechs Schlafplätzen mit unseren nassen Sachen voll. Es ist soooo gemütlich. Wir kochen, trinken Tee, hacken Holz und holen Wasser. Im Stormarkpollen können wir einen Seeadler beim Fischfang beobachten. Hier lässt es sich bis morgen gut aushalten… Morgens klopft ein Trauerschnäpper ans Fenster und weckt uns. Wir testen den weiteren Weg, welcher durch einige Senken mit Wasserläufen führt. Da immer noch Schnee schmilzt, ist der ganze anmoorige Boden vollgesogen mit Wasser- bei jedem Schritt versinken die ohnehin noch nassen Schuhe bis über den Knöchel im Wasser. Da dieses Gebiet sich laut Karte etwa 3,5 km am Fjord entlang zieht und der 412 m hohe Pass, welcher uns vom Strand trennt, komplett schneebedeckt ist, beschließen wir, nicht zum Horseidstranda zu laufen- dort zwei Tage mit nassen Sachen sitzen, klingt nach keiner prickelnden Erfahrung. Wir trennen uns von der gemütlichen Selfjordhytta laufen im starken Wind und gelegentlichen Schauern Richtung Fredvang zurück. Aber Moment- hier ist doch noch ein Strand, nämlich der Kvalvika. Wir steigen den 200 m hohen Pass im absoluten Matsch hinauf und blicken auf den wunderschönen Strand- der so stark im Nordwind liegt, dass wir schier von den Füßen geblasen werden und das Atmen schwierig ist. Wir beschließen, dort nicht zu zelten und sparen uns auch den Abstieg. Auf dem Weg zur Straße treffen wir ein (frisch verliebtes) Paar, welche zum Kvalvika wollen. Sie erzählen, dass Surfer dort einmal eine Hütte gebaut haben, wo sie die Nacht verbringen wollen. Wir überlegen nochmal, ziehen dann aber weiter- die Hütte hätten die beiden sicherlich gern für sich… Ein netter Sjøhusbesitzer öffnet in Fredvang seine Herberge für uns, nachdem der Sturm immer stärker wird. Und diesen Abend bricht die Sonne durch die Wolken, der Fjord und die Berge werden in ein unglaubliches, goldenes Licht getaucht. Wir sind hin und weg, das ist unser erstes arctic light. Wir schmieden einen Alternativplan- an den Horseidstranda werden wir es schon noch schaffen!

Nach Reine – und an den Horseidstranda

Wenn man nur ein einziges Bild von den Lofoten kennt, ist es wahrscheinlich in Reine aufgenommen worden. Die kleine Stadt verteilt sich malerisch auf mehrere Inseln und Halbinseln an der Mündung des Kjerkfjorden. Wir steigen vor Hamøya aus, da wir noch eine Dreizehenmöwenkolonie besuchen möchten und wandern über die Brücken im Fjordeingang, die nach Reine führen. Hier ist es mit zelten eher schwierig, deswegen mieten wir ein (ziemlich teures) Rorbu und schauen Reine an – natürlich im Regen. Am nächsten Tag ist das Wetter nachmittags besser. Auf geht’s zum Horseidstranda! Wir nehmen das kleine Passagierboot, welches auf dem Kjerkefjord fährt, die Berge sind wolkenverhangen. Die zwei Seebären bringen die Zeitung, Post und Pakete zu den straßenlosen Häusern am Fjord. Manche scheinen permanent bewohnt, die meisten sind Sommerhäuser. Im Örtchen Kjerkefjorden gehen wir an Land und übersteigen den nur 200 m hohen Pass zum Horseid. Die Tour ist leicht und nur oben am Pass liegt noch ordentlich Schnee. Dann geht es durch das lange Tal zum Strand, am kleinen See Horseidvatnet vorbei, auf dem ein einsamer Singschwan kreist und entlang des Wasserlaufs in dem niedermoorigen Tal. Der Schnee schmilzt gerade und die ersten Blüten gehen auf. An der Westseite des langen U-Tals schlagen wir unser Zelt nahe eines Wasserfalls auf, wobei wir später merken, dass die Ostseite etwas besser gewesen wäre. Dort liegen die Ruinen eines alten Fischerstandorts, sogar einen Walwirbel haben wir noch gefunden. Die Wolken stehen niedrig und verleihen dem Tal etwas Düsternis wie eine zu niedrige Zimmerdecke, aber abends sinkt die Sonne unter die Wolken und schönstes, goldenes Licht flutet das ganze Tal, während wir gemütlich am Zelt sitzen und essen. Der nächste Tag bringt schönstes Wetter bei etwa 4 Grad und endlich keinen Regen mehr, so dass wir noch eine zweite Nacht am magischen Horseid dranhängen. Endlich sehen wir, wie hoch die Berge hier sind! Wir verbringen den Tag mit müßig rumlaufen, fotografieren (viele Schneehasen unter den Felsblöcken im Osten) und sonnenanbeten. Beim Kochen abends verstopft dummerweise unser Benzinkocher und wir bekommen ihn nicht repariert ohne Zange, also nur matschiges Essen und keinen warmen Tee. Am nächsten, wieder sonnigen Mittag nehmen wir die Fähre zurück nach Reine. So waren wir doch noch am Horseidstranda, und das hat sich gelohnt!

Å – Am Ende der Lofoten

Å ist der letzte Ort der Lofoten, den müssen wir natürlich sehen. Wir laufen von Moskenes, nach einer erfolgreichen Kocherreparatur (Wohnmobilcamper haben einfach alles dabei!) und spannenden Fischotter- und Robbenbeobachtungen an der Steilküste direkt am Campingplatz den Rest der E10 entlang. Å besteht zum Großteil aus roten Rorbuern, in einem davon findet man das Lofoten Tørrfiskmuseum, welches, wie scheinbar der halbe Ort, Steinar Larsson gehört. Er hat eigentlich geschlossen, macht aber extra für uns auf, bietet Kaffee an, zeigt uns einen Film über die Lofotenfischerei, wir reden mit ihm über alles mögliche und betrachten die Schritte der Stockfischverarbeitung im Museum. Der letzte Campingplatz der Lofoten ist aufgrund eines Erbschaftsstreits leider geschlossen, und so beschließen wir, nach Moskenes zurückzulaufen und am nächsten Tag nach Værøy aufzubrechen.

Værøy – Inselchen im Sturm

Værøy hat vor allem Vogelklippen zu bieten sowie ein altes, verlassenes Dorf, welches wir gerne erwandern möchten. Nach einer äußerst stürmischen weiteren Nacht in Moskenes und einem Tag im Zelt bei fiesestem Nieselregen, fahren wir nach viel Fahrplanstudieren, rumfragen und Zeitplanung in Richtung Værøy, auch ohne direkten Plan, wie wir von dort aus weiterreisen. Deswegen winken wir der Lofotenkette, da wir nicht wissen, ob wir noch einmal zurückkehren in diesem Urlaub… Nach einer Stunde holpriger Überfahrt mit klappernden Kaffeetassen taucht die Insel aus der Suppe auf. Der Regen lässt nach, wir verzichten auf das einzige Inseltaxi und wandern im schönsten Licht durch die Ortschaft, über den kleinen Pass und weiter an der Küste entlang, vorbei an kleinen Ansiedlungen und dem Straßendorf Nordland. Mysteriöse, pfeifende Vögel begleiten unseren Weg, bis wir mitten in der Nacht den kleinen, nach einem Absturz aufgegebenen Flugplatz erreichen (in dem heute eine Schokoladenmanufaktur sitzt) und unser Zelt aufschlagen. Fast ohne Nacht vergessen wir wirklich manchmal die Zeit… Die Nacht regnet und regnet es und morgens wollen wir gar nicht aufstehen. Irgendwann brechen wir doch auf und wandern noch ein Stück des Pfades in Richtung der verlassenen Ortschaft Måstad, als uns eine Norwegerin mit Fahrrad eine schlechte Wetterprognose und Sturmwarnung gibt. Der Weg zur Vogelkolonie sei bei diesem Wetter viel zu steil und gefährlich, und wir haben bereits gelernt, wenn das Norweger sagen, sollte man darauf hören. Da wir ohnehin schon den ganzen Tag in Wolkensuppe, Sturm und Sprühregen herumlaufen und kaum Landschaft und natürlich auch nicht die Vogelklippen sehen können, beschließen wir, mal wieder umzudrehen und im Ort zu übernachten, bevor uns wirklich noch das Zelt wegfliegt. Zimmer bekommen ist schwierig: das Pfarrhaus vermietet gerade nicht, die Telegrafenstation sei voll, aber es gäbe noch die Gammelstua (gammel heißt zum Glück alt und nicht vergammelt), wo der andere Reisende von unserer Fähre, der Radfahrer, untergekommen sei. Wir suchen das Haus in Nordland auf, rufen die angeschlagene Telefonnummer an und erreichen die Besitzerin. Wir sollen uns mit dem Radler absprechen dann könnten wir übernachten. Wir warten, bis er wiederkommt und haben uns schnell geeinigt, er räumt sogar das Zweibettzimmer für uns. Die orangene Gammelstua ist eine Zeitmaschine: ein winziges, altes Haus, die Türstürze gehen und nur bis zur Burst, alter Holzofen zum Kochen, alte Möbel, alte Bücher, winzige Betten… es ist wundervoll. Wir heizen gemeinsam die Küche ein, reden, essen und trinken gemeinsam und der Radler teilt sogar noch seine im Flughafen gekaufte Schokolade mit uns. Wunderbar, wie unkompliziert die Norweger so sind. Das Wetter wird besser und wir verbringen einige windige Stunden mit umherstromern. Am Friedhof finden wir eine Möwenkolonie, Seeadler und Kolkraben fliegen umher. Am nächsten Tag wollen wir zur Fähre und auf die Lofoten zurückfahren. Wir besuchen die Besitzerin der Gammelstua, bezahlen und wundern uns, dass uns vom Fähranleger ständig Leute entgegenkommen. Die Fähre auf die Lofoten fährt wegen dem Sturm nicht. Es regnet und wir überlegen unsere Optionen: Zelten? Gammelstua? Warten? Essen ist knapp, und was machen wir heute noch? Die Norwegerin mit der Sturmwarnung fährt im Auto vorbei, wir fragen sie, wo wir übernachten könnten, da wir nicht wieder die 7 km zur Gammelstua laufen wollen. Sie packt uns ins Auto und fährt uns zur alten Telegrafenstation, wo wir einfach mal klingeln. Eine Gruppe Krankenpflegerinnen aus Bodø ist hier eingemietet, sie wollten eigentlich auch mit der Fähre abreisen. Sie telefonieren mit der Vermieterin, räumen ein Zimmer für uns (hatten wir schon erwähnt, dass Norweger herrlich unkompliziert sind?), wir können uns trocknen, ausruhen und bekommen sogar noch Kaffee und Salat (SALAT und KAFFEE!), weil sie viel zu viel Essen gekauft hatten. Die Mädels nüchtern von einer Party gestern aus. Abends kommt die Nachricht: die Fähre fährt doch bald, und sie steuert Røst, die äußerste bewohnte Insel der Lofoten, an! So schnell ändert sich der Plan. Wir packen alle unseren Kram und wir laufen die 3 km zum Anleger, wo wir auch den Radfahrer aus der Gammelstua wiedertreffen. Bald kennen wir hier alle… Bei der Ausfahrt aus dem Hafen haben wir unser nächstes arctic light. Væroy, was uns wirklich nicht nett empfangen hat, erstrahlt in leuchtendem Gold… Die Fährfahrt ist wirklich wild, die Krankenpflegerinnen verziehen sich seekrank in ihr Kabinen, sie müssen ja bis Bodø durchhalten. Der Radfahrer geht schlafen, da er eigentlich auf die Lofoten muss (dort wartet seine Frau) und nun über Bodø mit Aufenthalt über Nacht zurück nach Moskenes fährt. Gut, dass wir so flexibel sein können. Wenn die Fähre in ein Wellental fährt, kitzelt es im Magen, und Waffel- und Kaffeetransport und selbst das Trinken wird zur Herausforderung. Aber wir sind ja zum Glück weder seekrank noch verkatert noch beides…

Røst und Vedøya – Lofoten ganz anders

Die wenigsten Lofotenbesucher verirren sich nach Røst – hier verbringen wahrscheinlich nur passionierte Angler und Vogelbeobachter Zeit. Viel anderes gibt es nicht zu sehen. Hier leben, auf die Fläche gesehen, relativ viele Menschen und wie es scheint, leben alle vom Fischfang. Neben Fischfabriken gibt es noch einen Flugplatz, eine Kirchenruine (wurde versehentlich zu klein gebaut), ein Feuchtwiesengebiet und die höchste Erhebung mit Gipfelbuch, die wir todesmutig erklommen haben. Sie ist ganze 10m hoch! Røst ist flach wie ein verschütteter Pfannkuchenteig mit Löchern (Seen) drin und viel verkleckertem Teig außen herum, ein unglaublicher Kontrast zu den restlichen Lofoten, die eher wie der unter Wasser gesetzte Alpenhauptkamm aussehen. Von unterwegs rufen wir in einer Unterkunft an und ein älterer, raubeiniger Lofotenfischer sammelt uns am Fähranleger ein. Als er bemerkt, dass wir ein bisschen norwegisch sprechen, kann er plötzlich kein englisch mehr und wir radebrechen lustig auf norsk- die Schweden im sjøhus verstehen wir allerdings gar nicht.
In unserem Fokus lagen natürlich die Feuchtwiesen der Insel, die eine interessante Vogelfauna beherbergen, sowie die winzige Vogelinsel Vedøya südwestlich von Røst. Sie beherbergt eine riesige Seevogelkolonie mit Papageientauchern, Basstölpeln, Gryllteisten, Dreizehenmöwen, Eissturmvögeln, Seeadlern und vielen Arten. Mehr Infos zum Thema gibt’s im ornithologischen Reisebericht. Unser Fischer setzt uns morgens mit dem Boot über und wir vereinbaren eine Abholung am Abend. Es regnet und graupelt zur Begrüßung, als wir den 204 m hohen Felsen auf löchrigen Grashängen erklimmen. Die Aussicht ist fantastisch! Im Vordergrund eine Schaffamilie, dahinter der Abgrund und ein weiter Blick über die vielen, verstreut liegenden Inselchen (eine sogar mit Leuchtturm) und über der Szenerie fliegt ein Seeadler mit Fisch vorbei. Nach Nordosten öffnet sich eine halbkreisförmige Felswand mit der großen Brutkolonie- tausende schreiende Vögel begleiten uns den Nachmittag über, bis das Fischertaxi kommt. Er zeigt uns drei spezielle Funktionen seines Bootes: fliegen, duschen und schockgefrieren. Das ist uns aber egal, wir haben unseren Spaß und diesen Tag werden wir so schnell nicht vergessen.

Heimreise – Zurück in die „Zivilisation“

Die Heimreise führt uns von den einsamen Lofoten mit der Fähre von Røst nach Bodø, wo wir den Rest der Nacht am Hafen in einer Wartehalle schlafen. Den Tag über wandern wir zum Flughafen, kaufen noch ein paar norwegische Leckereien in einem großen Einkaufszentrum (Überforderung!) und checken ein- so viele Menschen. Überall! Laut! Flughafen Oslo. Warm. Wir schwitzen nach über drei Wochen Lofoten-2012-Wetter. Oh mein Gott… Flughafen Frankfurt- der totale Stress. 20 Grad und schwülwarm. Wir sterben. Mit gefühlten 1000 gestressten Deutschen in einen verspäteten, überfüllten ICE quetschen- wir bekommen die Krise, ist das hier schrecklich. Mannheim, Heidelberg… es wird immer wärmer. Endlich in der Wohnung- typisches Oberrheinebene-Sommer-Dampfkochtopfwetter: drinnen wie draußen. Und wo ist eigentlich der Wind? Der Garten ist explodiert, wieso wächst hier alles so schnell? Sind das etwa schon die Tropen? Wir wollen zurück auf die wunderschönen, ruhigen und kühlen Lofoten. Und die werden uns sicherlich irgendwann wiedersehen. Im Mai. Oder September. Und mit dem Fahrrad!

Good to know

Camping auf den Lofoten:

  • Campingplätze öffnen erst im Laufe des Mais, viele haben zu
  • sie haben fast alle warme Aufenthaltsräume (sehr sinnvoll) und Kochgelegenheiten
  • WLAN ist fast überall vorhanden und kostenfrei
  • Warme Duschen sind teuer (bei dem Wetter aber egal)
  • Wild campen ist schwieriger als man denkt, zumindest zu der Jahreszeit. Eine Fläche, die einigermaßen eben, wenig matschig und nicht von Felsen durchsetzt ist, ist manchmal schwer zu finden, die Hangfüße stehen unter Wasser, weiter oben liegt Schnee.
  • Verkehr:

  • Der Nahverkehr ist lückenhaft und eher auf Schulbusse ausgerichtet, außerhalb der Werktage oder in den Ferien geht oft gar nichts
  • Der Lofotenexpress (Bus) fährt mehrfach täglich die E10 entlang, damit kommt man schnell vorwärts. Und er war IMMER pünktlich!
  • Trampen ist nicht einfach, es dauert, obwohl die Norweger insgesamt extrem hilfsbereit sind
  • Unterkünfte:
    Neben Zeltplätzen, die meistens auch Hütten vermieten, gibt es die Rorbuer und Sjøhus.
    Bei unserer Art zu Reisen war kaum Vorausplanung nötig, zumindest nicht in der Nebensaison. Alle Probleme, war Vorankommen, Unterkünfte oder Fähren anging, haben sich von selbst in Luft aufgelöst, oft auf kreative Weise.