Tag 4: am See lang

Ich hadere mit dem Gedanken, heute Abend wild zu Zelten, irgendwo im Øyefjell. Sollte ich hinreichend erholt sein, würden die 800hm bis dahin mich nicht hindern. Trotzdem lass ich es gemütlich angehen. Das Wetter ist so gut, ich brauche sogar Sonnenschutz in Form von Creme und Mütze. Alles soll trocken werden heute, ist ja auch unnötiges Gewicht. Und miefen werden die Sachen noch früh genug. Klar kann ich waschen, hab auch ein bisschen Waschpulver dabei, um Einzelteile sauber zu kriegen, und zur Not gibt es auf den meisten Campingplätzen ne Waschmaschine. Aber trocken ist schöner.

Unglaublich still hier.

Hab ich schon erwähnt, dass ich hier überall LTE Empfang habe? Und das mit voller Signalstärke. Ich bin 10km vom nächsten Kaff mit 1000 Einwohnern entfernt, um mich herum See, Wald, Berge, und hab besseres Netz als daheim. Irre. Das ist echt keine Frage der Technik und des Könnens, sondern klar eine Frage des Wollens.

Also los, ich will ja nicht weit kommen, aber schon ein bisschen. Genüsslich am See entlang, das klingt so nett und harmlos. Aber zack bumm, ich schiebe. Ja, ich schiebe die 13% Steigung hoch. Weit ist es ja nicht, aber weit genug, um den Puls explodieren zu lassen, sogar im ersten Gang. Aber hey, dafür geht es gleich hübsch runter, und ich sause am See entlang! Herrlich! Lektion 1: die Mütze sitzt auch bei 48km/h stabil. Upsi, so schnell will ich doch gar nicht fahren.

Die Straße ruhig, die Gegend schön, so wollte ich das genießen. Echt fein.
Immer noch der Seljordvatnet.
Straße, Berge, See, Wolken… Ich hör ja schon auf 🙂

Zwar könnte ich, aber ich merke, ich sollte heute nicht fiese Berge hoch strampeln. Nun gut, dann eben nur bis in das Heimatstädtchen von Selma und dort ein bisschen Ausschau nach ihr halten. Stellte sich nämlich raus, dass Vollmilchschokolade nicht ganz ihr Geschmack war, so dass sie nicht lange blieb. Nächstes Mal versuche ich es mit Zartbitter. Schade, hätte gern noch ein paar ihrer Geschichten gelauscht, wie sie einsame Angler verschreckt, denen eh niemand glauben wird.

Der See liegt auf 120m, die Berge im Norden und Westen sind 1200, sogar 1300 hoch. Das ist wie der Schauinsland vor Freiburg. Da kann man auch noch ein bisschen bleiben. Leider ist es hier nicht so idyllisch, die große Straße am Nordufer des Sees macht Lärm, und Herumstrolchen im Blaubeergestrüpp ist hier nicht. Mit dem Rad will ich nix erkunden, Kräfte sparen und Knochen schonen. So wird es mir doch etwas langweilig. Ein paar vorbeiwatschelnde, überraschend neugierige Stockenten sorgen für etwas Abwechslung. In letzter Minute entdecke ich, dass es nen Bäcker gibt, der gleich schließen wird. Also doch aufs Rad und schnell ein Süßteilchen gejagt, sogar ein Mandelhörnchen! Damit lässt es sich wieder Wikingergeschichten studieren.

Lecker Mampf für Kopf und Geist.
Was heißt „quack“ wohl auf norwegisch? „kvåk“?

Im Supermarkt jage ich nen Osaft, Brøtchen und Kæse für morgen, und für heute Abend Ertestuing – Erbseneintopf. Der ist schon fester Bestandteil unserer norwegischen Wanderküche, ist nämlich lecker und in 5min fertig. Halber Liter Wasser, reichlich Öl und etwas Salz dazu, nen halben Räuchertofu reingewürfelt, und schon ist’s lecker und fertig.

Ich freue mich auf morgen, auf das Øyefjell. Endlich wieder den Tag lang bewegen. Doof, wenn es außer Bewegung wenig zu tun gibt, ich mich aber erholen muss. Damit muss ich jetzt umgehen lernen. Mal sehen, wie das gehen wird.