Tag 1: weg von Oslo

Rückenwind und Regenansage für morgen haben mich angetrieben. Was? Sportlicher Ehrgeiz? Neinnein, der war ganz sicher nicht schuld.

Als wir das erste Mal in Oslo waren, wollten wir uns nur mal nen Tag umschauen. Dass wir dann gleich 3 Tage in der beschaulichen Hauptstadt bleiben würden, hätte ich vorher vehement bestritten. Oslo ist sehenswert. Heute will ich aber schnell weg, denn so autoarm die Innenstadt umgestaltet wird, so verkehrsreich ist der Speckgürtel. Entlang der größten Straße gen Westen radle ich auf vorzüglichen Radwegen und verfahre mich dank des Garmin nur 3 mal. Entgegen kommen mir anfangs unzählige Läufer, so dass sich mein Eindruck der ach so sportlichen Norweger vertieft – bis ich die Startnummern wahrnehme, die alle tragen. Anfangs noch in langen Sachen schwitze ich bald und bin froh, dass ich die Radlhose und das Trikot vorsorglich drunter hatte. So geht es besser die Küste entlang, vorbei an unzähligen Häfen für hübsche kleine Bootchen, an zahlreichen Industriegebieten, trölf mal die Autobahn querend. Aber ich darf mich zielgerichtet bewegen statt nur auf Deck im Kreis laufen. Es kommt Laune auf.

Sowas will ich daheim auch haben
Blick zurück auf den Oslofjord

Kaum biegt man ab von der Küste, geht es schon bergauf. Aber hey, davon wird es noch mehr geben, hab ich gehört. So richtig Lust auf Fotos machen hab ich nicht, und ehrlich gesagt ist die Gegend auch nicht sonderlich fotogen. Also lieber strampeln. Nach 40km zeigt sich, dass das frühe Frühstück sehr früh gewesen war, so dass ich in Drammen an der Backstube (sic!) auf dem belebten Marktplatz nicht vorbei komme. Kaffee und Süßteilchen könnten hier echt zur Gewohnheit werden.

Wenigstens ein paar der Kalorien nachladen

Norweger haben Sinn und Geld für Architektur, das sieht man immer wieder. Auf dem Land gibt es die klassischen Holzhäuser, aber die Städte lassen sich sehen. Brücken, Straßen und Tunnels können sie auch gut.

Hübsche Gebäude, aber zu wenig Zeit für Architekturstudien
Yay, bergab! Abbremsen hat echt Überwindung gekostet

Die Landschaft verändert sich, es wird waldiger und hügeliger. Und endlich sehe ich das erste Schild, das vor Elchen warnt. Das Wetter ist angenehm, bissl Sonne, viele Wolken, knapp 20°C. Und irgendwie kommen allmählich doch ein paar Höhenmeter zusammen. Kurz vor Kongsberg suche ich den nächsten Zeltplatz. Eigentlich wollte ich heute bis Notodden kommen, aber davon trennen mich 450hm, welche ich gerade nicht in meinen Beinen fühle. Alternativ gibt es einen hübschen, abgelegenen Zeltplatz etwas abseits der Route, zu dem es nur halb so hoch hinauf geht, zudem nur 20 statt 30km bis hin. Heute wird mit den Füßen abgestimmt, und so geht es mit kleiner Pause Kongsberg mit Schokokeksantrieb den letzten Berg rauf. Die Straße ist ruhig, die Hügel höher, durchsetzt mit hohen Felswänden. Also, für heimische Verhältnisse hoch – hier ist das eher Standard, so dass mich ein Autofahrer verblüfft anschaut, als ich von der nach nordischem Maßstab gar nicht so spektakulären Aussicht ein Foto mache.

Elche? Will sehen!
Radl pausiert, damit es für den letzten Hügel fit ist
Mehr Sauerstoff! MEHR!
Heut früh war fitter
Endlich! Es wird nordisch wild.

Endlich am Zeltplatz! Schnell das mobile Nest aufgestellt, geduscht und nen großen Topf Spaghetti gemacht – so viel, dass ich gar nicht alles auf einmal essen kann. Also 2 Gänge draus machen. Die Sonne scheint noch beim Kochen, aber kaum setze ich die Gabel an, tropft es. Ein Regenbogen in der Richtung, aus der der Wind bläst, lässt mich nur kurz innehalten, um dann schleunigst alles ins Zelt zu packen. Gerade rechtzeitig, denn schon zeigt mir der Norden, dass er mich mit Rückenwind und Sonnenschein bisher echt verwöhnt hatte. Aber morgen früh soll es rechtzeitig nach dem Frühstück aufhören. Mein Mampf ist schon etwas abgekühlt, und so kann ich genüsslich nachtanken.

So. Genau so soll es sein.

Morgen steht eine etwas kleinere Etappe an – entweder über den Berg, oder drum herum. Ich hab echt nicht gemerkt, wie heute über 1100hm zusammenkamen. Übermorgen ist vermutlich Ruhetag, also maximal 30km, denn da soll es viel regnen. Jetzt aber werde ich die doch ziemlich müden Beinchen lang machen und beim gemütlichen Trommeln der Regentropfen auf dem Zelt sicher bald einschlafen.

Mampf bei Regen ohne Aussicht. Aber trocken und lecker.
Gute Nacht