
Yay, pünktlich zum Aufstehen nieselt es. Hach, wie schön. Nee, ehrlich, denn so darf ich noch liegen bleiben, ohne ein schlechtes Gewissen auszubrüten. Zwar heißt das auch, dass das Zelt wieder nass eingepackt wird, aber bisher ist es später immer trocken geworden. Tatsächlich braucht es wieder eineinhalb Stunden, bis ich abfahrbereit bin. Die Wetterstimmung ist herrlich, die steilen Wände des Tals hängen voller Wolkenbänder.

Hoffentlich seh ich das gleich von den Serpentinen aus. Ah ja, die Serpentinen. Da war doch was. Gestern noch total egal, sieht das heute ganz anders aus.


Es geht tatsächlich ins Fjell heute, das ist schön. Erst an vereinzelten Wohnhäusern, dann an einem Stausee, weiter an einem Skigebiet vorbei. Bedeckt ist es, und gelegentlicher Nieselregen kühlt mich angenehm. Fehlt nur noch ein Elch, das würde gerade passen.



Gerade überlege ich, was wohl wäre, wenn ich ne Panne hätte. Ich hab 6 Tage lang keine Reiseradler gesehen, nur ne handvoll Rennradler. So formuliere ich die Lektion für heute: wenn Du hier ne Panne haben solltest, rechne besser nicht mit anderen Radlern die Dir aushelfen können. Und just 5 Minuten später komm ich an ner Picknickbank vorbei, wo 3 Reiseradler sich unterhalten! Kurz geschnackt, fahre ich bald weiter, hab mich aber schon sehr gefreut, Gleichgesinnte zu treffen. Natürlich Deutsche, sonst tut sich das ja auch niemand freiwillig an. Aber bald geärgert, denn Picknick wäre eigentlich ne prima Idee gewesen. Hmja. 10 km weiter finde ich die nächste Bank und mampfe Erdnussbuttermarmeladenbrote, da kommen 2 der Radler vorbei. Bald hab ich sie eingeholt, und wir Radeln zusammen weiter.


Als es endlich bergab ins Setesdal geht, kriege ich das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht! Die Abfahrt ist super, mein Gestrampel von heute früh kriege ich zurück, und das Setesdal ist die reinste Naturgalerie. Immer wieder bremsen wir scharf, um die Aussicht zu genießen und ein Bild zu machen. Endlich keine bewaldeten Hänge mehr, sondern blanke Felsflanken, die glatt und steil das Tal säumen, schier unerzwinglich wirken. Jetzt bin ich allmählich im gebirgigen Teil angekommen, für den ich hergekommen bin. Die nächste Etappe wird hinauf führen, über diese Felswände hinweg. Ich bin so gespannt! Die allmähliche Wandlung von Oslo bis hierher wird wohl mit der Abfahrt hinab in den Lysefjord kulmineren.




Zusammen mit den beiden Radlern rolle ich zum nächsten Campingplatz, wo wir ne Hütte nehmen wollen. Da wir uns gut verstehen, und alle viel zu erzählen haben, nehmen wir eine gemeinsam. Und wie wir gerade eingeräumt und die Zelte getrocknet haben, trudelt der vierte Radler vom Fjell ein, der mit seinen 18 Jahren alleine von Schweden über Oslo und dem Setesdal nach Kristiansand fährt, dann über Dänemark heim. Den laden wir dazu ein, der wollte schon alleine ne Hütte mieten. Armer Platzwirt, der verdient an uns heute nicht viel.



Wir kaufen ein, kochen und erzählen. So wird es spät, bis ich hier zum Schreiben komme. Morgen verbringen wir den Tag hier, denn das Wetter ist grad eher so mäßig. Hoffentlich geht es übermorgen dann weiter. Montag dann nochmals Regen aussitzen, und Dienstag nach Lysebotn. Ginge zwar auch bei Regen, aber die Zeit habe ich, um es dann voll genießen zu können. Ob wir zusammen weiter Radeln, wissen wir noch nicht, vermutlich wird jeder sein Tempo machen, auch wenn die Strecke die gleiche ist. Aber langweilig wird uns morgen nicht so schnell.
